DIE ZAUBERFLÖTE – kein Märchen

Die Zauberflöte - Szenenfoto

DIE ZAUBERFLÖTE – kein Märchen

Staatstheater Cottbus, Premiere am 22. April 2023

Oper in zwei Aufzügen von Wolfgang Amadeus Mozart
Musikalische Leitung JOHANNES ZURL
Regie TOMO SUGAO

Es war unangenehm.

Wünscht man sich einen unangenehmen Abend?

Im Begleitmaterial zur Cottbuser Aufführung von Tomo Sugao ist zu lesen:
„Kaum eine Oper ist beim Publikum so beliebt wie „Die Zauberflöte“ und das zu Recht: Für viele der Einstieg in die Welt der Oper überhaupt ist die Geschichte ein Märchen, das von Jung und Alt verstanden wird.“

Gemessen an diesen Aussagen ist die nun inszenierte Fassung als Einstieg in die Opernwelt keinesfalls zu empfehlen, sie ist auch weder Märchen noch von Jung und Alt zu verstehen.

„Düster, obskur, absurd, makaber“, habe ich mir zur Charakterisierung des Stückes noch während der Vorstellung notiert.

Tomo Sugaos musikalische Entwicklung begann mit der „Zauberflöte“. In seinem Kinderzimmer hing eine Spieluhr mit der Melodie aus Papagenos Glockenspiel. Gerade 19-jährig, noch während seines Literatur-Studiums in Tokio, brachte er Mozarts letztes Werk erstmalig auf die Bühne. Die Cottbuser Fassung ist seine fünfte, eingeflossen sind nach Aussage des Regisseurs unter anderem Einflüsse gesellschaftlicher Relevanz, wie der MeToo-Bewegung und ein Perspektivwechsel in Form der Erzählung vom Ende her.

Etwas aufgesetzt erscheint denn der Chor zum Gesang: „..Nichts edlers sey, als Weib und Mann. Mann und Weib, und Weib und Mann, ..“ nicht nur als Paare dieser Art sondern durchaus divers.

Sehr bedauerlich rückt das gesamte Bühnengeschehen die beliebte und bekannte Musik und alles Märchenhafte – also dass, was oben als idealer Einstieg in die Welt der Oper beschrieben wird – vollkommen an den Rand.

Das betrifft das Bühnenbild selbst und dessen seltsame Verwendung, das betrifft die Kostüme, speziell des Opernchores, das betrifft besonders das fast stets präsente Pflegebett als belastenden Fremdkörper, dessen Symbolik wohl jeder gleich zu Beginn verstanden hatte (auch angesichts des verfallenen Zombies darin).

Da hilft es dann auch nicht, mit Diana Schnürpel eine international gefeierte Interpretin als Königin der Nacht einzukaufen oder – vollkommen verzichtbar – Hardy Brachmann und Heiko Walter in Dinner-for-One-Andeutungen herumstolpern zu lassen.

Geradezu befreit bejubelte das Publikum die musikalisch kurzzeitig aufklingenden Erholungsphasen und am Ende auch das Orchester unter Leitung des 1. Kapellmeisters Johannes Zurl.

Auffällig ist, dass sich die Dramaturgie im Programmheft, quasi vorwegnehmend, entschuldigend – in mehreren Kapiteln dem Versuch einer psychoanalytischen Bewertung widmet. Die Inszenierung verdeutlicht, dass es gut ist, solcherlei Ausdeutungen den Profis zu überlassen, anstatt sie an Mozart auszulassen.

Text: Jens Pittasch

Ab 11. Mai ist die Inszenierung zunächst dreimal im Programm.
Informationen und Karten:
https://www.staatstheater-cottbus.de/programm/die-zauberfloete/

Fotos: Marlies Kross

Besetzung

Musikalische LeitungJohannes Zurl
RegieTomo Sugao
BühneJulius Theodor Semmelmann
KostümJulia Katharina Berndt
LichtKarl Wiedemann
ChoreinstudierungChristian Möbius
DramaturgieCorinna Jarosch
Musikalische AssistenzFrank Bernard
Andreas Simon, Massimiliano Iezzi, Gyuseong Lee
ChorassistenzChristian Georgi
RegieassistenzLuisa Koepp
Tamino (der Jüngling)Alexey Sayapin
Sarastro (Tamino, der Machtmensch)Philipp Mayer Ulrich Schneider
Sprecher (Tamino, der alte Mann)Philipp Mayer Ulrich Schneider
PapagenoDániel Foki
Pamina (das Mädchen)Ketevan Chuntishvili Anne Martha Schuitemaker
Königin der Nacht (Pamina, die Frau)Diana Schnürpel
Papagena (Pamina, die alte Frau)Iryna Dziashko
Erste DameAnne Martha Schuitemaker
Zweite DameRahel Brede
Dritte DameZela Corina Caliţa
MonostatosDirk Kleinke
Erster PriesterHardy Brachmann
Zweiter PriesterHeiko Walter
Erste GenieKatharina Holzapfel
Linda Lehmann
Zweite GenieDilan Luise Kaygusuz
Taisiia Khokhlova
Dritte GenieKatharina Breitfeld
Yen Nhi Chu
Erster geharnischter MannJens Klaus Wilde
Zweiter geharnischter MannPhilipp Mayer Ulrich Schneider
Opernchor
Philharmonisches Orchester
Die alternierenden Besetzungen sind in alphabetischer Reihenfolge angegeben.
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